Mittwoch, 14. Juni 2023

Medien (III)

72 Millionen für Heimkinder aus Berlin
Die Senatsverwaltung für Jugend hat am Mittwoch eine Bilanz zu den am 31. Dezember geschlossenen Entschädigungsfonds für frühere Heimkinder vorgelegt. Insgesamt 72 Millionen Euro sind demnach  an mehr als 5700 ehemalige Berliner Heimkinder geflossen, die fragwürdige Erziehungsmethoden, Zwang und Gewalt erlitten haben und  in der DDR auch  in gefängnisähnlichen Einrichtungen eingesperrt waren. Im Schnitt wurden pro Person 9800 Euro für materielle Hilfen und 7000 Euro für Rentenersatzleistungen bezahlt. Die Antragsfristen für Fondsleistungen endeten 2014.
Tagesspiegel, 9. Januar 2019

Walter, ein Scheidungskind, hatte die Zustände im Heim, vor allem die Übergriffe einer Nonne, seiner Mutter geschildert. Die hatte sich im April 1966 schriftlich an die Stadt gewandt. Das dreiseitige, umstrittene Antwortschreiben vom 4. Mai 1966 verfasste der damalige Oberstadtdirektor Heinz Mohnen persönlich.
Köln von der Vergangenheit eingeholt
Ein bis heute nachhallender, zentraler Satz des Schreibens, in dem Mohnen die Vorwürfe nahezu kategorisch zurückweist und den Spieß umdreht, lautet: „Unter diesen Umständen dürften Ihre Anschuldigungen ausschließlich auf Mißverständnissen bzw. entstellenden Darstellungen Ihrer Kinder beruhen, denen - abgesehen davon, daß der Wert von Kinderaussagen grundsätzlich sehr zweifelhaft ist - (...) die Einsicht in das aus erzieherischen Gründen Erforderliche fehlt.“

Express Köln, 7. Februar 2019

Kinder aus Husum klagen an

Der frühere Leiter einer Einrichtung in Husum soll schwerste Misshandlungen verübt haben – über seinen Anwalt lässt er alle Vorwürfe bestreiten.

Husumer Nachrichten, 13. Februar 2019

Autoritäres Weltbild

Roland Stäb sitzt an einem Tisch mit grüner Decke in seinem Haus in Neckargröningen. Seit einem Jahr hat der 65-Jährige die Leitung des Jugendamtes im Kreis abgegeben. Die Berichte ehemaliger Heimkinder über Misshandlungen, Gewalt und Lieblosigkeit in dem 1992 geschlossenen Hohenecker Heim St. Josef hat er mit Erschrecken gelesen. Das autoritäre Weltbild, das Regelkorsett und die Züchtigung als Mittel der Erziehung widerspricht so ziemlich allem, was Stäb in seinem Studium gelernt hat.

Stuttgarter Zeitung, 7. April 2019

"Das ist meine Kindheit"

Gütersloh. „Das hier ist meine ganze Kindheit", sagt Roger Warnken und hält einen weißen Din A4-Umschlag in den Händen. Darin eine Geburtsurkunde, ein Adoptionsnachweis und eine handvoll Fotos aus Kindertagen – herausgetrennt aus einem Fotoalbum. „Sie wurden mir irgendwann kommentarlos zugeschickt", sagt er.

Neue Westfälische, 21. April 2019

Jahrzehntelang seelische Grausamkeit

Ehemalige Heimkinder eines früheren Kinderheims in Ludwigsburg-Hoheneck haben bestätigt, dass sie jahrzehntelang ständiger Gewalt und seelischer Grausamkeit ausgesetzt worden sind.

SWR, 15. Mai 2019

Kritik an katholischen Bischöfen

Der Leiter der Studie über sexuellen Missbrauch in der katholischen Kirche, Dreßing, hat die Aufarbeitungsbemühungen der deutschen Bischöfe kritisiert. Man könne bisher keine gemeinsame Strategie erkennen, weitere Forschungsarbeiten in Gang zu setzen.

Das sagte Dreßing der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“. Eine Priorisierung von Zielen zur Verhinderung von Missbrauch finde nicht statt. Stattdessen gebe es immer wieder neue Gesprächskreise und Workshops. Der Schritt, mit dem eine Aufarbeitung beginnen könnte, wäre eine überregionale Untersuchung, an der Betroffene, Wissenschaftler, Vertreter der Kirche und der Zivilgesellschaft beteiligt sein sollten.
Deutschlandradio, 19. Mai 2019

"Vergewaltigt und fixiert"

„Man hat mich vergewaltigt und fixiert“, erzählt Thomas Frauendienst am Mittwoch (19.06.2019) im Düsseldorfer Landtag. Er ist einer der ehemaligen Heimkinder, die in der Nachkriegszeit körperliche und psychische Gewalt erlebt haben.

In den 60er Jahren war er in einem Kinderheim im Ruhrgebiet. „Ich musste Erbrochenes wieder zu mir nehmen. Ich wurde zwangsbeschnitten, ohne Betäubung“. Außerdem seien an ihm medizinische Versuche gemacht worden.

WDR, 19. Juni 2019

Bischof will Expertenkommission einsetzen

Der Trierer Bischof Stephan Ackermann will bei der Aufarbeitung des Missbrauchsskandals in seinem Bistum eine unabhängige Expertenkommission einsetzen. Das kündigte Ackermann bei einem Gespräch mit Vertretern der der Opferinitiative Missbit an. Das Gremium soll auch eine mögliche Mitverantwortung von leitenden Priestern oder Bischöfen bei der Vertuschung von Missbrauchstaten thematisieren und bewerten. Wann die Kommission eingesetzt wird, ist noch offen. Bis Herbst wollen sich die katholische Kirche und der Missbrauchsbeauftragte der Bundesregierung, Johannes-Wilhelm Rörig, auf Eckpunkte zur Aufarbeitung einigen. Dabei gehe es um strukturelle Festlegungen sowie um einheitliche Standards und Kriterien, sagte der Bischof.

Saarbrücker Zeitung, 12. Juli 2019

Kinderheim Reitenbuch: Licht ins Dunkel bringen
Es geht um Prügelattacken und sexuellen Missbrauch: Das Bistum Augsburg möchte die Vorfälle im Kinderheim Reitenbuch aufklären, wo es vor mehreren Jahrzehnten zu Übergriffen auf Kinder gekommen sei. Jetzt werden weitere mögliche Opfer gesucht. Alle Hinweise würden vertraulich behandelt. "Wir wollen Licht ins Dunkel bringen", so Elisabeth Mette, die frühere Präsidentin des Bayerischen Landessozialgerichts. "wir wenden uns an alle, die bisher geschwiegen haben oder nicht ausreichend gehört wurden". Sie zieht dabei eine Parallele zu den Vorfällen im Kinderheim Hl. Kreuz/Cassianeum in Donauwörth: "Ich habe den Bericht übers Cassianeum gelesen, das ist so harte Kost, das können Sie nicht an einem Stück durchlesen. Und ich fürchte, dass mir solche schwere Kost auch bevorsteht".

Bayerischer Rundfunk, 4. Februar 2020

Prügel zur Abschreckung

Ein Betroffener,  der von 1970 bis 1973 in dem Spezialkinderheim war, berichtet: "Unsere Gruppe (...) war zum Abendbrot. Da wir nichts ordentliches zu Essen bekamen, nahm ich mir eine trockene Scheibe Brot und steckte sie unter mein Hemd. Das sah natürlich der Erzieher. Ich wurde im Speiseraum vor allen Kindern zusammengeschlagen. Ich war gerade mal 11 Jahre. Diese Sache sollte als Abschreckung dienen, damit andere diesen 'Fehler' nicht machen."

Andere Zeugen berichten ähnliches. Viele, die in dem Spezialkinderheim in Bräunsdorf landeten, haben bis heute mit den schrecklichen Erlebnissen zu kämpfen.

Tag24, 8. Februar 2020

Studie über DDR-Kinderheime
Rund 500 000 Menschen haben in der DDR ihre Kindheit in Heimen verbracht. 500 000 Geschichten, die ganz unterschiedlich verlaufen sind. Diese Bandbreite will jetzt eine Studie der Universität Leipzig erforschen.

Heide Glaesmer leitet die vom Bund finanzierte Forschungsarbeit. Sie ist Professorin für medizinische Psychologie an der Universität Leipzig. Glaesmer findet, dass die Geschichte der DDR-Heimkinder noch zu wenig psychologisch erforscht sei. Deshalb sucht Glaesmer nun nach ehemaligen DDR-Heimkindern, um sie für die Studie zu befragen. Und man wolle erfahren, wie es ihnen dort gegangen sei, was sie für Erfahrungen gemacht hätten:

"Aber uns interessiert auch, wie man mit diesen Erfahrungen weiter umgegangen ist, mit wem man darüber gesprochen hat, welche Bedeutung das heute noch für einen hat und so weiter.", sagt Glaesmer.
MDR, 23. Juli 2020
Opfer-Verbände enttäuscht
Die Opfer von sexuellem Missbrauch in der katholischen Kirche sollen künftig bis zu 50.000 Euro bekommen können. Darauf hat sich die Herbstvollversammlung der Deutschen Bischofskonferenz in Fulda geeinigt. Opfer-Verbände hatten sich viel mehr erhofft.
hessenschau, 24. September 2020
Straße soll umbenannt werden
Die Pestalozzi-Stiftung ist in Burgwedel wieder Thema.
Kinder in Heimen, 17. Dezember 2020
Gewalt in zwei katholischen Kinderheimen

Die Projektgruppe zur Aufklärung von Gewalt in zwei kirchlichen Kinderheimen im Bistum Augsburg hat ihren Schlussbericht vorgelegt. Es geht um das Josefsheim Reitenbuch und das Marienheim Baschenegg im Landkreis Augsburg, beide in Trägerschaft des katholischen Vereins Christliche Kinder- und Jugendhilfe.

Zwischen 1950 und 2004 hätten dort unter anderen Geistliche und Schwestern des Ordens der Dillinger Franziskanerinnen Taten verübt, teilte die Projektgruppe am Donnerstag in Augsburg mit. Es habe sexualisierte, körperliche und seelische Gewalt gegeben. Die genaue Opferzahl sei unklar, mindestens seien 15 Buben und vier Mädchen betroffen gewesen.

Domradio, 9. September 2021

Musterordnung für Entschädigungen

Die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) will die Anerkennungsleistungen für Betroffene sexualisierter Gewalt einheitlich regeln. Dazu veröffentlichte sie am Dienstag eine Musterordnung, der die 20 evangelischen Gliedkirchen in Deutschland in der vergangenen Woche zugestimmt haben, wie die EKD mitteilte. "Mit der Musterordnung können wir den Anspruch, den Betroffene auf transparente vergleichbare Verfahren in allen Landeskirchen haben, künftig besser gerecht werden", sagte der Sprecher des Beauftragtenrats der EKD, Landesbischof Christoph Meyns.

Auch die Höhe der Anerkennungsleistungen wird damit einheitlich geregelt. Die Musterordnung sieht vor, dass die Höhe der Leistung grundsätzlich mindestens 5.000 Euro und maximal 50.000 EUR betragen soll. Innerhalb dieses grundsätzlichen Rahmens soll sich die Höhe an von staatlichen Gerichten zuerkannten Schmerzensgeldzahlungen in vergleichbaren Fällen orientieren. Eine ähnliche Regelung hat auch die katholische Deutsche Bischofskonferenz für Anerkennungsleistungen getroffen.
Evangelisch, 27. September 2021
Was geschah in Kurheimen?

Was Kinder in den 1950er bis 1980er Jahren in den Kurheimen in St. Peter-Ording alles erdulden mussten, das untersuchen jetzt Wissenschaftler aus Kiel – im Auftrag der Gemeinde.
Husumer Nachrichten, 17. März 2022



Die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) will die Anerkennungsleistungen für Betroffene sexualisierter Gewalt einheitlich regeln. Dazu veröffentlichte sie am Dienstag eine Musterordnung, der die 20 evangelischen Gliedkirchen in Deutschland in der vergangenen Woche zugestimmt haben, wie die EKD mitteilte. "Mit der Musterordnung können wir den Anspruch, den Betroffene auf transparente vergleichbare Verfahren in allen Landeskirchen haben, künftig besser gerecht werden", sagte der Sprecher des Beauftragtenrats der EKD, Landesbischof Christoph Meyns.

Auch die Höhe der Anerkennungsleistungen wird damit einheitlich geregelt. Die Musterordnung sieht vor, dass die Höhe der Leistung grundsätzlich mindestens 5.000 Euro und maximal 50.000 EUR betragen soll. Innerhalb dieses grundsätzlichen Rahmens soll sich die Höhe an von staatlichen Gerichten zuerkannten Schmerzensgeldzahlungen in vergleichbaren Fällen orientieren. Eine ähnliche Regelung hat auch die katholische Deutsche Bischofskonferenz für Anerkennungsleistungen getroffen.


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Anzeige„Geld und Sachleistungen können das Unrecht und Leid nicht ungeschehen machen, das ehemaligen Heimkindern zugefügt wurde. Die Zuwendungen aus den Fonds können allenfalls zur Verbesserung ihrer heutigen Lebenssituation beitragen“, betonte Jugend-Staatssekretärin Sigrid Klebba (SPD). Das Ende der Fonds bedeute nicht das Ende der Auseinandersetzung mit der Geschichte der Heimerziehung.
NDR verpasst Journalisten Maulkörbe

Es ist ein dunkles Kapitel in der Geschichte von Schleswig-Holstein: In den 1950er-Jahren schickten viele Eltern ihre Kinder ans Meer, hier sollten sie in Heimen "aufgepäppelt" werden. Stattdessen kehrten sie verängstigt oder gar traumatisiert aus der Kur zurück. Noch heute durchleben die Betroffenen schlaflose Nächte: Dann kommen die Bilder wieder hoch – die Tasse Salzwasser zum Frühstück, die Ohrfeigen, der Strafappell, das stundenlange Sitzen vor einem Teller Milchreis, ganz allein in der Kantine.

stern, 31. August 2022

Jugendamtsleiterin glaubt Heimkindern

„Ich habe keine Zweifel, dass den Heimkindern Leid widerfahren ist, und glaube den Schilderungen hier drin vorbehaltlos“, sagt Anja Beckmann, die Leiterin des Ludwigsburger Jugendamtes. Vor ihr liegt ein dicker Stapel Papier, es ist der Endbericht der Aufarbeitungsstudie zum St. Josefsheim in Hoheneck, der im Juli veröffentlicht wurde. Ein Kapitel in dem Bericht, in dem von emotionaler Kälte, Vernachlässigung, Gewalt und sexuellem Missbrauch vor allem in den 1970er Jahren in dem ehemaligen Kinderheim die Rede ist, ist auch der öffentlichen Jugendhilfe gewidmet. 

Ludwigsburger Kreiszeitung, 14. September 2022

300 000 Euro für missbrauchten Messdiener

In einer wegweisenden Gerichtsentscheidung ist das katholische Erzbistum Köln zu 300.000 Euro Schmerzensgeld für einen Missbrauchsbetroffenen verurteilt worden. Das Landgericht Köln sprach das Urteil am Dienstag nach einer mündlichen Verhandlung, bei der kein Vergleich zwischen den beiden Parteien zustande gekommen war. Der heute 62-jährige Georg Menne war in den 70er Jahren als Messdiener viele Jahre lang von einem Priester sexuell missbraucht worden.   

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