Dienstag, 13. Dezember 2011

Heimkinder in Niedersachsen

13. Dezember 2011
Pressemitteilung der Landesregierung

Hannover. Die Niedersächsische Landesregierung hat in ihrer heutigen Sitzung den Entwurf der „Verwaltungsvereinbarung über die Errichtung, Finanzierung und Verwaltung des Fonds Heimerziehung in der Bundesrepublik Deutschland von 1949 bis 1975" zustimmend zur Kenntnis genommen. Sie wird darüber nunmehr den Landtag unterrichten.


„In Niedersachsen sind wir bei der Akteneinsicht, dem Archivzugang und den Beratungsangeboten für die Opfer schon weit vorangekommen. Jetzt machen wir einen weiteren Schritt, um geschehenes Leid aufzuarbeiten", sagte Sozialministerin Aygül Özkan.

Nach dem wesentlichen Inhalt der Verwaltungsvereinbarung wird der Fonds mit 120 Millionen Euro ausgestattet. Der Bund beteiligt sich daran mit 40 Millionen Euro. Die westdeutschen Bundesländer steuern insgesamt 40 Millionen Euro bei und die beiden Kirchen jeweils 20 Millionen Euro. Nach dem Königsteiner Schlüssel beträgt der Anteil Niedersachsens 4,54 Millionen Euro.

Der Fonds teilt sich auf in einen mit 20 Millionen Euro ausgestatteten Rentenersatzfonds und einen Fonds für Folgeschäden aus Heimerziehung mit 100 Millionen Euro.

Der Fonds soll seine Arbeit am 1. Januar 2012 aufnehmen. In Niedersachsen richten die Kommunen bis dahin regionale Anlauf- und Beratungsstellen ein. Dort können sich Menschen beraten lassen, die als Kinder oder Jugendliche in den Jahren 1949 bis 1975 in der Bundesrepublik Deutschland in einer vollstationären Einrichtung zum Zweck der öffentlichen Erziehung untergebracht waren. Für diejenigen, die in Heimen zur Arbeit gezwungen wurden, ohne dass Sozialversicherungsbeiträge gezahlt worden sind, soll es eine Entschädigung für entgangene Rentenansprüche geben. Wer durch die Heimerziehung an Folgeschäden leidet und besonderem Hilfebedarf hat, soll ebenfalls Leistungen aus dem Fonds erhalten.

Die Geschäftsstelle der Fondsverwaltung wird beim Bundesamt für Familie und zivilgesellschaftliche Aufgaben (BAFzA) eingerichtet.

Dienstag, 15. November 2011

Anlaufstellen

15. November 2011
Nächstes Jahr sollen Entschädigungen gezahlt werden

Nächstes Jahr gibt es überall Anlaufstellen für ehemalige Heimkinder. Die nehmen Anträge entgegen. Der Entschädigungsfonds soll dann ebenfalls eingerichtet worden sein.

Nach Informationen der Berliner Anlaufstelle Heimerziehung (ah) werden derzeit in Zusammenarbeit mit ehemaligen Heimkindern die Kriterien für die Zahlung von Entschädigungen erarbeitet. Bund, Länder und Kirchen haben sich dieser Mitteilung zufolge auf eine Verwaltungsvereinbarung geeinigt. Sie sei die Grundlage für die Schaffung einer zentralen Stelle zur Auszahlung beantragter Leistungen.

Freitag, 7. Oktober 2011

Vernichtet

7. Oktober 2011
Akten aus Heimkinder-Zeit gibt es nicht mehr

Ihre Geschichte habe ich im Januar und Februar 2010 erzählt. Ich nannte sie Sylvia K. - ein ehemaliges Heimkind. Das sich jetzt wieder gemeldet hat. Mit einem sechsseitigen Brief. Mit der Hand geschrieben.

Inzwischen lebt Sylvia K. wieder in Deutschland. In Aachen besucht ihr 15-jähriger Sohn die Schule. Vor einem Jahr hat sie einen "Opfer-Anwalt" eingeschaltet, auch an den Runden Tisch wendete sie sich. Bei der Arbeiterwohlfahrt in Kassel erfuhr sie, dass alle Unterlagen aus ihrer Heimkinder-Zeit vernichtet worden seien: "Aus Datenschutzgründen." Geschehen sei dies bereits vor "geraumer Zeit".

Jetzt fragt sich Sylvia K.: "Wie soll ich je beweisen, dass ich fast acht Jahre (von 2 bis 10) einsaß, zumal meine Eltern inzwischen tot sind?"

Freitag, 27. Mai 2011

Anlaufstelle Heimerziehung

27. Mai 2011
Anlaufstelle bei Jugendhilfetag

Die Anlaufstelle "Heimerziehung in den 50er und 60er Jahren" beteiligt sich vom 7. bis 9. Juni am 14. Deutschen Jugendhilfetag in Stuttgart (Foyer der Messe zwischen ICS und Atrium).

6. März 2011
Anlaufstelle bis Ende des Jahres

Der Runde Tisch Heimerziehung hat seine Arbeit beendet, in diesen Tagen wird auch die Infostelle des Runden Tisches geschlossen. Das wird ehemaligen Heimkindern und Interessierten mitgeteilt. Weiter heißt es in diesem Schreiben: "Zur Umsetzung der Vorschläge des Runden Tisches sind Entscheidungen der betroffenen Bundesländer und des Deutschen Bundestages erforderlich."

Flankierend gibt es bis Ende 2011 eine Anlaufstelle für alle, die sich für das Thema interessieren. Sie befindet sich in Berlin am Mühlendamm. Die Telefonnummer lautet 030/27 57 67 77.

Donnerstag, 24. Februar 2011

Keine Almosen

24. Februar 2011
Nackt in einem dunklen Raum/Weiße Elefanten fliegen vorbei

"Michael Fritz, mit Volker zu gleichen Zeit im Bubenhaus, weil sein Vater gestorben war, bekam die Rache einer Erzieherin zu spüren, zu der der 10-Jährige angeblich zu frech gewesen war. Kurz darauf fand er auf seinem Bett das Einzige, was er von zu Hause hatte behalten dürfen, einen Teddy vollkommen zerstückelt vor, die Arme und Beine waren abgeschnitten."

Hat "Spiegel"-Buchautor Peter Wensierski am  9. Juni 2006 bei einer Tagung im Idsteiner  Kinderheim "Kalmenhof" berichtet. In seinem Buch "Schläge im Namen des Herrn" erzählte er die "verdrängte Geschichte der Heimkinder in der Bundesrepublik". Seinerzeit sagte ein Diakonie-Chef, Akten, die belastend seien, seien besser als vernichtete.

Kurt Nagel, der 1961 in den "Kalmenhof" eingewiesen wurde, hat jetzt in seiner Akte geblättert. Dabei seien ihm aufgefallen: fehlende Seiten, Beschönigungen und Verschwiegenes.

Kurt Nagel ist ein uneheliches Flüchtlingskind, mit seiner Mutter kam er 1945 in die Bundesrepublik, er war Bettnässer und ein Zappelphilipp. Nach der Entmündigung seiner Mutter wurde er ins Heim gebracht, musste Zwangsarbeit machen und drastische Strafen über sich ergehen lassen.

Verweigerte er die Arbeit, wurde er in einen leeren Raum gesperrt, hatte er einen Fluchtversuch unternommen, warf man ihn nackt in einen dunklen Raum.  Tagelang. Auch Prügelstrafen musste er über sich ergehen lassen.  
 
Auch das könne niemand wieder gut machen: Todesangst und Halluzinationen während der Isolation. Weiße Elefanten seien an ihm vorbeigeflogen, lila Nebel waberte durch die Finsternis. Als sich seine Mutter beschwert habe, sei alles noch viel schlimmer geworden.
 
Nun ist der Abschlussbericht des Runden Tisches Heimerziehung fertig. Der kann Kurt Nagel gestohlen bleiben. Zu erwarten seien: Almosen für ehemalige Heimkinder, gute Bezahlung von Psychotherapeuten, Psychologen und Juristen.

Sonntag, 9. Januar 2011

Abschlussbericht

22. Dezember 2010
Abschlussbericht wird Mitte Januar Bundestag überreicht

Der Runde Tisch Heimerziehung hat mir heute den Abschlussbericht geschickt. Das Begleitschreiben:

"Wir danken allen, die mit Ihren Berichten an die Infostelle zu der Arbeit des Runden Tisches beigetragen haben.

Wir hoffen nun, dass die Vorschläge, die dem Deutschen Bundestag Mitte Januar überreicht werden, zeitnah umgesetzt werden.

Erst wenn die Beschlüsse der zuständigen Parlamente vorliegen, wird feststehen, an welche Stellen sich die ehemaligen Heimkinder zukünftig wenden können, um ihre Erfahrungen zu berichten und um wegen möglicher Ansprüche Anträge stellen zu können."

Hier findet eine Abstimmung statt